Am Mittwoch, 27. September 2023 fand die von unserer Initiative gemeinsam mit dem Verein Energiewende ER(H)langen e.V. organisierte Podiumsdiskussion „Wann und wie wird die Wärmeversorgung der Erlanger Stadtwerke klimaneutral“ im E-Werk statt. Ca. 80 interessierte Besucherinnen und Besucher folgten den Ausführungen des hochkarätig besetzten Podiums und brachten sich mit eigenen Fragen ein. Anlass der Veranstaltung war eine Studie zum Umbau der Fern- und Nahwärmeversorgung in Erlangen auf regenerative Wärmeerzeugung, die die Stadtwerke im Juni dieses Jahres vorgestellt hatten. Gemäß den Ausführungen der Firma Steag, die mit der Erstellung der Studie beauftragt war, sei eine klimaneutrale Wärmeversorgung durch die Erlanger Stadtwerke nicht vor 2045 möglich. Und selbst dies wäre noch sehr ambitioniert. Nachdem dies in diametralem Missverhältnis zu den vom Stadtrat beschlossenen Ziel der Klimaneutralität der Stadt Erlangen bis 2030 steht, die Firma Steag mit über 70-jähriger Geschichte in der fossilen
Energiewirtschaft nicht zu den innovativsten Unternehmen zählt und viele andere Stadtwerke ambitioniertere Ziele für die Umstellung ihrer Wärmeversorgung haben, wollten wir das Ergebnis kritisch hinterfragen und mögliche Fehlannahmen und unbeleuchtete Optionen aufzeigen lassen. Auf dem Podium wurden dann schließlich verschiedene Alternativen diskutiert, aber auch aktuelle Hürden aufgezeigt.

Andreas Kuhlmann, ehemaliger Leiter der Deutschen Energieagentur (dena), war es wichtig Mut zu machen und Mut zu haben, auch innovative, dezentrale Lösungen in Betracht zu ziehen. Er verwies auch auf die besondere Situation der Stadt Erlangen, die mit der Universität und Firmen wie Siemens und Siemens Energy überproportional viel Expertise bzgl. Energiethemen in der Bevölkerung hat.
Prof. Dr. Jürgen Karl, Leiter des Lehrstuhls für Energieverfahrenstechnik an der FAU, betonte die große Dringlichkeit, die Klimakrise wirklich ernst zu nehmen und hinterfragte, warum die Stadtwerke so lange an Erdgas festhalten wollen, wo heute schon bekannt ist, dass die Gaspreise durch ein begrenztes Angebot und steigende CO2-Abgaben in den nächsten Jahre enorm ansteigen werden.

Stefan Jessenberger, Vorsitzender des Vereins Energiewende ER(H)langen e.V. und hauptberuflich beschäftigt im Bereich dezentraler Energieversorgungslösungen bei der Siemens AG, kritisierte, dass die Studie keine Annahmen zu einer Minimierung des Wärmebedarfs durch energetische Sanierungen enthält. Zudem vermisse er dezentrale Lösungen, wie “Kalte Nahwärmenetze” in Kombination mit dezentralen Wärmepumpen. In der Kombination beider Themen könnte eine frühere Klimaneutralität erreicht werden.

Nils Ahrens, Vorstandsmitglied der FDP Erlangen und Initiator des am Ende mit breiter Mehrheit beschlossenen Stadtratsbeschlusses, der zur Beauftragung der Studie führte, war es wichtig, alle Anwesenden zu ermutigen, sich einzubringen, die Ideen über Vereine oder Parteien in die Diskussion
zu bringen und gemeinsam anzupacken.

Frank Oneseit schilderte als technischer Vorstand der Stadtwerke die enormen Herausforderungen und die äußeren Zwänge und Beschränkungen, denen die Stadtwerke ausgesetzt sind. So gibt es zahlreiche bürokratische und umweltschutzrechtliche Hindernisse oder auch Schwierigkeiten bei der Besetzung von Ingenieursstellen. Zudem sei der Einfluss der Stadtwerke auf den Wärmebedarf der Kunden begrenzt. Hier gilt es durch städtische Programme entsprechend Einfluss zu nehmen.
Einem Besucher der Veranstaltung war wichtig, auf ein Problem in der Kommunikation hinzuweisen. Es gehe nicht darum, dass wir das Klima schützen, sondern darum, unsere eigenen Lebensgrundlagen zu bewahren.

Einig waren sich die Diskutanten schließlich, dass die Kommunikation und die Zusammenarbeit rund um das Thema verbessert werden müsse und die Bürokratie beim Ausbau erneuerbarer Energien und dem Einsatz klimaneutraler Technologien dringend gesenkt werden müsse.
Die Initiative möchte diese Veranstaltung als Aufruf an alle relevanten Akteure für einen zielgerichteten Dialog verstanden wissen. Als Dialog, wie die Stadt Erlangen und die Wärmeversorgung der Erlanger Stadtwerke deutlich vor 2045 klimaneutral werden kann.

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Über die Initiative “Klimaentscheid Erlangen” und die Historie des Antrags

Nach dem Klimanotstandsbeschluss der Stadt Erlangen von 2019 gründeten 16 Erlanger Organisationen die Initiative Klimaentscheid ERlangen. Die Initiative legte schließlich im August 2020 einen Zielkatalog für die Klimaneutralität der Stadt Erlangen vor – noch ehe diese im September 2020 52 Sofortmaßnahmen zum Klimaschutz beschloss. Eine der städtischen Sofortmaßnahmen zielte auf ein erneuerbares Wärmenetz ab, deren Ziel es war, bis möglichst 2030 den fossilen Energieträger Erdgas schrittweise durch klimaneutrale Alternativen zu ersetzen.
Daraufhin initiierte Nils Ahrens, Mitglied des Vorstandes des Kreisverbandes der FDP Erlangen einen Stadtratsantrag, der von CSU, Grünen, SPD, FWG und Klimaliste unterstützt wurde, dessen Ziel es war, dass die ESTW eine Vorstudie für ein klimaneutrales Wärmenetz in Auftrag geben. Im Juli 2021 stimmte der Stadtrat dem einstimmig zu.

Im April 2023 wurde diese Studie mit brisanten Ergebnissen ohne vorherige Ankündigung in der UVPA-Sitzung des Stadtrats vorgestellt.
Die Initiative Klimaentscheid ERlangen setzte sich zudem bereits 2020, 2021 und 2022 dafür ein, dass mehr Stellen vom Stadtrat für den Klimaschutz geschaffen werden, um die enorme Aufgabe bewältigen zu können und wird dies auch weiterhin tun. Auch kritisiert sie, dass von den 100 Mio.
Euro, die die kooperierenden Fraktionen von SPD und CSU zusätzlich für den Klimaschutz ausgeben wollten, nach wie vor nicht bekannt ist, wofür und wann dies erfolgen soll.
Die Initiative betont, weiter konstruktiv kritisch den Klima-Aufbruch in Erlangen zu begleiten.